Der Dieb der Magie

Stöhnend ging sein Opfer zu Boden und starb jämmerlich in einer Blutlache. Er lachte laut auf, trat die Leiche mit seinen bloßen Füßen und setzte seinen Siegesmarsch fort.
Kaum mehr als ein Fingerschnippen und ein paar gemurmelte Worte waren nötig gewesen, um den Gegner mit durch die Luft fliegenden Dolchen zu ermorden. So einfach.
Er grinste – Mimik, die sein blutbeschmutztes Gesicht noch schrecklicher und kälter wirken ließ, wie ein Eisberg. Aus der Innenseite seiner fleckigen, an einigen Stellen zerrissenen Jacke zog er zwei weitere Dolche. Wie vorher genügte eine kleine Geste, ein wenig Gemurmel und die zwei Männer, die ihn von der Seite angegriffen hatten, gingen in die Knie, die Augen vor Schreck weit aufgerissen, einen letzten Fluch auf den Lippen. Den einen ereilte schnell der Tod, der andere zuckte noch. Der Dolch war schlecht gezielt gewesen.
Missmutig verzog der Mörder seinen Mund, zuckte dann aber mit den Schultern und schlenderte weiter, als mache er einen Spaziergang und sei nicht im Begriff, eine Burg einzunehmen.
Im Nachhinein wünschte er sich, er hätte den Angriff bei Nacht gestartet – die Atmosphäre wäre dann besser gewesen. Finsternis, vielleicht noch ein kleiner Sturm, flackerndes Feuer, das bizarre Schatten an die steinigen Mauern warf. Doch er hatte es nicht abwarten können. Er wollte so schnell wie nur möglich seine neue Macht demonstrieren.
Nun, das nächste Mal würde er bis zum Einbruch der Dunkelheit warten – schließlich war dies nur der erste Angriff. Wer wusste schon, wie viele Burgen er noch Lust haben würde, zu erobern? Im Moment hatte er unheimlichen Spaß an der Sache.
Seine Gedanken wurden von einer Truppe Männer unterbrochen, die jäh auf ihn zu rannten. Er konnte nicht anders – das Grinsen schlich sich wieder auf sein Gesicht. Was bot er wohl für einen Anblick, voller Blut, mit dieser Mordlust in den Augen? Ein weiteres Mal wiederholte er die Bewegung, leise Worte gingen unter dem Kampfgeschrei der Angreifer unter, aber die Wirkung trat dennoch ein. Wie zuvor flogen Messer in die Herzen der bewaffneten Menschen. Ihre Rüstungen schützten sie nicht; die Klingen durchschnitten sie wie Butter.
Wenn weiterhin so viele Leute auf seinen Tod aus waren, würde der Hof bald mit Blut getränkt sein – ein Anblick, den er zu gern betrachten würde.
Die Dolche, die noch in den Leichen steckten, schwebten nun, auf einen Schlenker mit seiner Hand, zu ihm zurück. Sie kamen langsam und fanden allein den Weg in ihre jeweiligen Halterungen an der Innenseite seiner Jacke zurück. Sanft, ohne ihm auch nur einen Kratzer zuzufügen, glitten sie hinein.
Brave Waffen.
Das große, hölzerne Tor, das ins Innere der Burg führte, war nun nur noch wenige Schritte entfernt. Fast schon war er traurig, dass der Spaß bald sein Ende finden würde.
Eine kleine Handbewegung und der Weg stand ihm frei, kein Holz hinderte ihn am Eintreten, und so tat er es auch. Seine bloßen Füße erzeugten tappende Geräusche auf dem kühlen Steinboden und er hinterließ, wie er vergnügt bemerkte, eine blutige Spur.
Sein Empfangskomitee bestand aus einem Dutzend Wachen, schwer bewaffnet mit Schwertern, Morgensternen, Keulen und Äxten. Als folgten sie einem lautlosen Kommando griffen sie zugleich an – ziemlich dumm. Andererseits hätte ihnen auch Flucht nicht viel genützt. Er oder zumindest einer seiner Dolche hätte die Verfolgung aufgenommen. Im Grunde war es demnach egal, ob die Menge jetzt starb oder erst in fünf Minuten.
Es dauerte nicht einmal diese Zeit, bis der Tod sie sich alle geholt hatte.
Alle, bis auf einen.
Zwischen all den unwichtigen Männern hatte er den einen, etwas wichtigeren Mensch erkannt – den König, dem diese Burg gehörte.
Dieser stand nun bleich zwischen den Leichen, sein Gesicht deutete von Schrecken so groß, dass kein Platz für Angst existierte. Ein leichtes Zittern schüttelte seinen Körper.
Des Mörders Grinsen verbreiterte sich, er bleckte seine Zähne als sei er ein Wolf, der einem anderen Tier drohte.
Die Augen des Königs wirkten glasig, fern, wandten sich nun, nachdem sie über die tote Leibwache gewandert war, ihm zu. „Wie ist das möglich?“, lautete seine unausgesprochene Frage.
„Ich bin der Dieb der Magie“, verkündete der Mörder und ließ eines seiner Dolche auf die Brust des Königs zu fliegen.

(c) by Karin D.

Wie unschwer zu erkennen ist, passiert hier nichts sonderlich tiefsinniges. Ich wollte einfach etwas blutiges schreiben und tada! Eigentlich gibt es noch eine Hintergrundstory, wo geklärt wird, wie der Mörder zu seiner Magie kam etc., aber bis existiert diese Geschichte nur in meinem Kopf.